Nach einem kurzen Intermezzo in Kenya bin ich seit gestern wieder in Somaliland, im Land der Ziegen und des Khat, und nehme diese Ortswechsel als Anlass für ein längst überfälliges Update.
Wie einige wissen und andere nicht, arbeite ich seit Anfang Juli nicht mehr für CARE international. Die Monate Juli und August habe ich dazu verwendet, mein DAF Studium an der Uni Wien endgültig abzuschließen (wie sich zu meinem Grauen herausstellte, fehlte mir noch eine Proseminararbeit. An der kaute ich dann mehrere Wochen lang. Schon erschreckend, wie schnell man aus dem Unitrott draussen ist). Ausserdem habe ich endlich mein Vorhaben einer Radtour in Kenya verwirklicht (Ergebnis: nach insgesamt vier Breakdowns habe ich mit ach und Krach das Rift Valley erreicht, wo mich Ib dann mit dem Auto abgeholt hat. Fazit: Ich brauch ein neues Rad), eine Englischsprachpruefung abgelegt, alte Bekannte in Kenya wiedergetroffen, mich bei diversen NGOs beworben, einen Abstecher nach Europa unternommen, viel gelesen, eine Consultancy mit Save the Children hinter mich gebracht, und mich (insbesondere waehrend der letzten Wochen) mental auf meine Rückkehr nach Somaliland eingestellt. An der Hass Liebe zu diesem Land hat sich wenig geändert, an der politischen Situation (im Gegensatz zu Somalia) auch nicht viel.
Ganz so problemlos gestaltete meine Rückkehr allerdings nicht. Kurz nach take off, gestern halb acht Uhr morgends, noch im Anstiegflug, machte unsere kleine Propellermaschine eine hundertachziggrad Wende, und aus den Lautsprechern tönte „dear passengers, due to technical problems we have to go back to Jomo Kenyatta Airport“. Uups. Alsbald spürte ich kalten Schweiss in den Handinnenflaechen, mein Herz begann mit jeder Minute schneller zu klopfen, und die Tatsache dass es in dem Flugzeug nur eine Kabine gibt, man folglich freie Sicht auf das Tun der Piloten hat, trug auch nicht grad zu meinem Wohlbefinden bei.
Zehn schreckliche Minuten später landeten wir sicher auf kenyanischem Boden. Die Piloten sagten eine 50%tige Chance vorher, am selben Tag einen zweiten Flugversuch richtung Somaliland zu starten. Eine Stunde später sassen wir dann schon wieder im Flugzeug – allerdings in einem anderen, noch kleineren, Reserveflugzeug. Etwas mulmig war mir schon, aber sobald ich Mt. Kenya in einiger Entfernung vorbeiziehen sah, entspannte ich mich und beschloss, statt zu zittern den immer wieder bezaubernden Anblick dieses meines Lieblingsberges in Kenya zu geniessen.
Ausserdem sollte ich mich glücklich schäzten, dass es überhaupt noch Flugverbindungen nach Somaliland gibt. Die Verbindungen (UN Flugzeuge und EC Flugzeuge) in andere Teile des Landes sind seit einigen Wochen wieder einmal eingestellt worden. Zu unsicher.
Hier in Somaliland scheint alles in Ordnung zu sein, von den Spannungen in anderen Landesteilen bekommt man wenig mit. Doch insgeheim weiss jeder, dass auch hier die politische Stabilitaet und Sicherheit auf fragilen Beinen steht. Ein kleiner Streit zwischen zwei Familien kann sich in Windeseile zu einem Streit zwischen Subclans aufbauen, und über den Einfluss der Islamisten aus dem Süden wird zwar nicht gesprochen, aber vollkommen negiert können die jüngeren Ereignisse in Somalia und Puntland auch hier nicht werden, im selbsterklärten unabhängigen Nordosten des Landes.
Vorerst jedoch durchleben die EinwohnerInnen Somaliland einen friedlichen Ramadan (islamisches Fastenmonat). Bei meiner Fahrt vom Flughafen ins Caritas Büro präsentieren sich die Strassen ungewohnt ruhig, Fensterläden und Türen von Geschäften sind verschlossen, die wenigen StrassenverkäuferInnen schützen sich mit Schirmen vor der Mittagshitze, warten dösend auf Kunden. Derer gibt es untertags während Ramadan nicht viele. Erst nach Sonnenuntergang erwacht die Stadt zu neuem Leben. Läden öffnen ihr kühles Inneres für Kunden, Restaurants servieren alle möglichen wohlriechenden Gerichte und Getränke an hungrige Besucher. Kurz, die leeren Strassen füllen sich mit neuem Leben.
Heute, Freitag, ist es noch ruhiger als gestern. Ich bin alleine im Büro, während meine MitarbeiterInnen, die ich noch gar nicht richtig kenne, vermutlich in ihren Häusern schlafend die Zeit bis Sonnenuntergang überbrücken (da Somaliland ein Islamisches Land ist, gilt Freitag als offizielles Wochenende). Erst morgen werde ich die Gelegenheit haben, mich ihnen vorzustellen und meine Arbeit als technische Assistentin in Angriff nehmen.
Und da es in Somaliland ja nicht viel anderes zu tun gibt, als zu arbeiten, werde ich mich sicherlich wieder öfters melden. Irgendwas zu erzählen gibt es ja immer was